Der folgende Text stammt aus der „European Physiotherapy Guideline for Parkinson’s Disease“
Selbstmanagement
Selbstmanagement bedeutet, dass Sie selbst die Verantwortung dafür übernehmen, mit den durch die Parkinson-Erkrankung hervorgerufenen Problemen so gut umzugehen, wie Sie es können. Angesichts des Anwendungsbereiches der vorliegenden Leitlinien werden wir uns auf körperliche Aktivität und bewegungsbezogene Aktivitäten konzentrieren. Dies sollte jedoch nur einen Teil Ihres Selbstmanagements ausmachen. Weitere Aspekte, die beachtet werden sollten, sind Medikationsadhärenz[1], Ernährung, Sprache, Gemütsverfassung und Schlaf. Der Neurologe oder auf der Parkinson-Erkrankung spezialisierte Pflegekräfte können Sie genauer über diese Aspekte informieren und Sie gegebenenfalls an die jeweils zuständige medizinische Fachkraft überweisen. Versuchen Sie, mit Hilfe von Fachkräften mit parkinsonspezifischen Kompetenzen Ihre eigenen Prioritäten zu setzen und ein ausgewogenes Programm zusammenzustellen. Im Laufe der Zeit werden Sie verschiedene Experten konsultieren, darunter auch Physiotherapeuten, deren Aufgabe darin besteht, dafür zu sorgen, dass Sie sich auch weiterhin sicher und eigenständig bewegen können, und Ihnen dabei zu helfen, Ihren Körper so funktionsfähig wie möglich zu halten. Was Sie jedoch für sich selbst tun können, ist Folgendes:
Regelmäßig trainieren
Erkennen, wann der Zeitpunkt gekommen ist, einen Physiotherapeuten aufzusuchen
Aus den Sitzungen mit dem Physiotherapeuten den maximalen Nutzen ziehen
[1] Adhärenz beschreibt das Einverständnis des Patienten, die mit dem Arzt gemeinsam vereinbarten Therapieempfehlungen nach besten Möglichkeiten einzuhalten. Sie betont das übereinstimmende Verhalten des Patienten und des Behandlers (McDonald et al. 2002). Es wird nach dem größten gemeinsamen Nenner gesucht („shared decision making“). Der Schwerpunkt liegt auf der Stabilisierung des Erkrankten, er wird als mündig wahrgenommen – auch seine Ambivalenzen. Der Patient nimmt eine aktive Rolle innerhalb eines (Behandlungs-)Prozesses ein und wird geschulter Experte für seine Erkrankung, dessen Entscheidungen akzeptiert und ausgehalten werden müssen.
Menschen mit Parkinson sind im Durchschnitt ein Drittel weniger aktiv als Menschen gleichen Alters. Zu wenig Training kann für Sie schädlichere Auswirkungen haben als die Aufnahme einer Aktivität. Körperliche Inaktivität erhöht das Risiko der Entwicklung gesundheitlicher Probleme wie Herzkrankheiten, Diabetes Typ 2 und Osteoporose. Versuchen Sie daher, regelmäßig zu trainieren.
Einige allgemeine Empfehlungen für einen aktiven Lebensstil:
► Versuchen Sie, die Zeit, die Sie täglich sitzend verbringen, zu reduzieren; gehen Sie kurze Strecken wie zu einem Geschäft zu Fuß, anstatt mit dem Auto zu fahren; nehmen Sie die Treppe statt Aufzug oder Rolltreppe
► Versuchen Sie, mindestens 150 Minuten in der Woche zu trainieren, wobei Ihnen heiß wird, Sie ein wenig schwitzen und außer Atem geraten, in dem Maße, dass es schwierig wird, sich dabei noch zu unterhalten. Trainieren Sie zum Beispiel an 5 Tagen die Woche 30 Minuten lang. Wenn 30 Minuten aui einmal zu viel ist, sollten Sie stattdessen 3 Mal 10 Minuten trainieren.
► Um fit und gesund zu bleiben reicht eine einzige Trainingsform allerdings nicht aus. So sollten an einem Tag Muskelkraft und Ausdauer trainiert und am nächsten Tag dann Übungen für Herz und Lungen ausgeführt werden. Auch Übungen, die die Gelenke flexibel halten und die Funktionsfähigkeit im Alltag verbessern (Gehen und Gleichgewichtstraining) sollten auf dem Plan stehen.
► Wählen Sie Übungen , die Ihnen Spaß machen und Ihren körperlichen Fähigkeiten entsprechen. So bleiben Sie leichter dabei. Manche Menschen zum Beispiel treiben gerne Sport, während andere im Sitzen oder Liegen trainieren müssen.
► Training zusammen mit anderen ist eine Form von sozialer Unterstützung, die Ihnen dabei hilft, motiviert zu bleiben. Wenn es in Ihrer Nähe eine (parkinsonspezifische) Übungs-, Tanz- oder Tai Chi-Gruppe gibt, sollten Sie darüber nachdenken, mitzumachen.
► Trainieren Sie zu den Tageszeiten, wenn Sie sich am besten fühlen und Ihre Medikamente gut wirken.
► Versuchen Sie, Ihre Übungen mit Ihrer täglichen Routine zu verbinden.
► Es ist ganz normal, dass Sie während des Trainings müde werden und anfangen zu schwitzen. Bitte stellen Sie das Training ein und wenden Sie sich an Ihren Arzt, wenn Sie in kalten Schweiß ausbrechen oder bei Ihnen Schmerzen, Übelkeit , Engegefühl oder Schmerzen in der Brust, die länger als einige wenige Minuten andauern, außergewöhnliche Atemlosigkeit, Schwindel, Benommenheit oder das Gefühl, dass das Herz Schläge auslässt oder zusätzliche Schläge macht, auftreten.
► Bitte fragen Sie Ihren Arzt um Rat, bevor Sie mit dem Training – welcher Art auch immer – beginnen, wenn bei Ihnen einer oder mehrere Risikofaktoren für Herzkrankheiten vorliegen , wenn bei Ihnen vor Kurzem ein Herzinfarkt oder andere Herzprobleme aufgetreten sind oder Sie bislang nicht körperlich aktiv waren.
Quelle: Europäische Physiotherapie Leitlinie zum idiopatischem Parkinson-Syndrom