Fast die Hälfte aller Parkinson-Patienten klagt über Schmerzen, die als ziehend, brennend, krampfartig oder rheumatisch beschrieben werden. Außerdem können Parkinson-Patienten auch Sensibilitätsstörungen erfahren, die oft als Brennen oder „Ameisenlaufen“, als Taubheits- oder Kältegefühl, meist im Bereich der unteren Extremitäten empfunden werden. Die Schmerzen können sowohl in der Frühphase der Erkrankung als auch in jedem späteren Stadium auftreten. Dabei muss zwischen verschiedenen Formen der Schmerzen unterschieden werden. Sie werden zum Teil durch die Parkinson-Erkrankung an sich ausgelöst, können aber auch orthopädische Ursachen haben.
Oft treten schon sehr früh in der Krankheitsentwicklung Schmerzen im Bereich der Schultern und im Nacken sowie der Arme auf. Diese Schmerzen werden meist durch die krankheitsbedingte Muskelsteifheit (Rigor) versursacht die auch die Beine und die gesamte Rückenmuskulatur betreffen kann. Gerade vor der Parkinson-Diagnose werden diese fälschlicherweise oft als orthopädisches Problem fehldiagnostiziert, so etwa als Schulter-Arm-Syndrom. Bei einer zutreffenden Diagnose und einer erfolgreich angeschlossenen Behandlung von Parkinson nehmen diese Schmerzen ab.
Zusätzlich haben Parkinson-Patienten auch so genannte muskulo-skeletale Schmerzen. Diese können beispielsweise durch eine Fehlhaltung oder eine Bandscheibenerkrankung ausgelöst werden. Darüber hinaus kommt es oft zu einseitig betonten krampfartigen Schmerzen in Waden, Füßen und Zehen. Diese treten meist in den frühen Morgenstunden auf, wenn die Wirkung der Medikamente abgeklungen ist.
Für eine erfolgreiche Behandlung der Schmerzen muss daher zunächst überprüft werden, ob die Schmerzen im Zusammenhang mit der Medikamenteneinnahme oder Störungen der Beweglichkeit stehen. Schmerztagebücher, in denen der Patient genau notiert, in welcher Situation welche Schmerzen auftreten, helfen dem Arzt dabei, die Ursachen zu bestimmen. Sind die Schmerzen vor allem auf die Einschränkung der Beweglichkeit zurückzuführen, sollten die Patienten das Gespräch mit ihrem Arzt suchen, ob eine Anpassung der Parkinson-Medikamente oder eine zusätzliche Schmerz-Therapie erforderlich ist.
Quelle: https://www.parkinson-aktuell.de/was-ist-parkinson/symptome-fuer-parkinson/schmerzen-bei-parkinson
Schmerzen und Missempfindungen bei Morbus Parkinson (MP) werden zu den nichtmotorischen Krankheitssymptomen gezählt und haben bedeutenden Einfluss auf das Wohlbefinden und damit die gesundheitsbezogene Zufriedenheit und Lebensqualität von Parkinson-Patienten. Obgleich sie sehr häufig auftreten, werden sie bis heute allzu oft nicht angemessen wahrgenommen und therapiert. Die Gründe dafür sind u. a. in der Vielfältigkeit der Schmerzen und in der anspruchsvollen Differenzialdiagnostik zu suchen.
Die Krankheit vereint unter dem Überbegriff Morbus Parkinson Schmerzen verschiedenster Art. In Analogie zum chronischen Schmerzsyndrom kann man jedoch 3 große Subgruppen unterscheiden:
- den nozizeptiven Schmerz,
- den neuropathischen Schmerz und
- den gemischten Schmerz (mixed pain).
Die Pathophysiologie von Schmerzen bei Parkinson ist sehr komplex und in vielen Punkten noch unklar. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse weisen auf eine Dysfunktion der Basalganglien bei der Entstehung, Weiterleitung und Verarbeitung von Schmerzen hin.
Schmerzen können bereits in der präsymptomatischen Krankheitsphase auftreten und der motorischen Symptomatik vorausgehen, oder aber sie treten in Analogie zu den motorischen Krankheitssymptomen nach Diagnosestellung auf. Es gibt Schmerzen, die durch eine Optimierung der dopaminergen Medikation gelindert werden können, aber auch Schmerzen, die keine Response auf L-Dopa zeigen.
Quelle: https://www.thieme-connect.de/products/ejournals/pdf/10.1055/s-0033-1343339.pdf
Nozizeptive Schmerzen entstehen danach durch pathologische Aktivierung oder Sensibilisierung von Nozizeptoren, während die somatosenorischen Leitungsbahnen intakt sind. Typische Beispiele hierfür sind viszerale Schmerzen, Schmerzen durch Hautwunden oder Schmerzen des Bewegungsapparates. Gerade letztere scheinen bei IPS auch auf eine Antiparkinsonmedikation anzusprechen, da sich die Schmerzen durch motorische Parkinsonsymptome bedingte Rigidität oder Fehlhaltungen erklären lassen.
Neuropathische Schmerzen werden im Gegensatz dazu als Schmerzen definiert, die direkt durch eine Läsion oder Erkrankung des somatosensorischen Nervensystems selbst entstehen und äußern sich in der Regel mit einem brennenden Schmerzcharakter. Abhängig von der Lokalisation der Schädigung wird zwischen peripheren neuropathischen Schmerz (durch eine Verletzung im peripheren Nervensystem) und zentralem neuropathischem Schmerz (durch eine Läsion im ZNS) unterschieden.
Zu der Gruppe der sonstigen Schmerzen bei Parkinson werden drei Arten von Schmerz gezählt, die weder den nozizeptiven noch den neuropathischen Schmerzen zugeordnet werden können:
- Zum einen Schmerz, der der Diagnose eines Parkinsonsyndroms oft Jahre vorausgeht und häufig in Schulter oder Hüfte auftritt.
- Des Weiteren werden in dieser letzten Gruppe Schmerzen im Zusammenhang mit einem Restless-Legs-Syndrom und Akathisie zusammengefasst, die sich in einer ausgeprägten Bewegungsunruhe äußern.
- Zuletzt weist Wasner auf Schmerzen in Verbindung mit Depressionen hin, die sehr häufig bei Patienten mit chronischem Schmerz und Morbus Parkinson gefunden werden können.
Quelle: Jasmin Kathrin Müller, Endogene Schmerzmodulation bei Morbus Parkinson, Dissertation an der Medizinischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, 2015
Obwohl Parkinson (PD) vor allem für ihre motorischen Symptome wie Tremor, Bradykinese (verlangsamte Bewegung), Steifheit und Gleichgewichtsstörungen bekannt ist, haben bis zu 85% der Parkinson-Kranken auch Schmerzen. Schmerzen sind sehr subjektiv und basieren auf der individuellen Wahrnehmung des Betroffenen, und sie können schwer zu beschreiben sein.
Der Schmerz kann das erste Symptom eines Morbus Parkinson sein und den motorischen Veränderungen um Jahre vorausgehen. Mit 40 bis 70 % überwiegt dabei der nozizeptive Schmerz, er wird von den Patienten meist als ziehend, krampfartig oder dumpf beschrieben und kann sich sowohl an den großen Gelenken manifestieren als auch im Nacken, paraspinal oder in den Waden.
Ärzte kategorisieren Schmerzen als nozizeptiv, was sich auf Schmerzen aufgrund von Gewebeschäden bezieht, oder als neuropathisch, was sich auf Schmerzen bezieht, die von den Nerven ausgehen. Manche Schmerzen sind sowohl nozizeptiv als auch neuropathisch. Die meisten Menschen mit PD haben nozizeptive Schmerzen. Diese Art von Schmerzen ist in der Regel auf eine bestimmte Körperregion beschränkt. Die am häufigsten auftretenden Schmerzzonen bei Parkinson-Patienten sind der Nacken, der obere Rücken und die Extremitäten (Arme und Beine). Neuropathische Schmerzen treten bei PD seltener auf, obwohl sie durch Akathisie, eine extreme Unruhe, verursacht werden können.
Der folgende Text stammt von der Website parkinsonsdisease.net
Die durch PD verursachten Schmerzen lassen sich im Allgemeinen in eine von fünf Ursachen einordnen:
- Muskel- und Skelettschmerzen in Verbindung mit einer schlechten Körperhaltung
- Nerven- oder Nervenwurzelschmerzen, die häufig mit Arthritis im Nacken oder Rücken in Zusammenhang stehen
- Schmerzen aufgrund von Dystonie, der anhaltenden Verdrehung oder Kontraktion einer Muskelgruppe
- Unbehagen aufgrund extremer Unruhe (Akathisie)
- Ein als „primärer“ oder „zentraler“ Schmerz bekanntes Schmerzsyndrom, das vom Gehirn ausgeht
Muskel- und Skelettschmerzen
Die motorischen Symptome von PD können häufig zu Schmerzen des Bewegungsapparats führen. Muskel- und Skelettschmerzen können in der Hüfte, im Rücken, im Nacken oder sogar in einer vereisten Schulter empfunden werden. Muskel- und Skelettschmerzen werden auf der Grundlage einer Anamnese und einer körperlichen Untersuchung diagnostiziert. Bildgebende Verfahren wie Röntgen, Knochenscans oder Ultraschall können eingesetzt werden. Die Therapie ist oft vielschichtig und umfasst dopaminerge Therapie, physikalische Therapie und ein Übungsprogramm, das den Bewegungsumfang betont.
Nerven- oder Nervenwurzelschmerzen
Nerven- oder Nervenwurzelschmerzen sind Schmerzen, die in der Nähe eines Nervs auftreten. Er wird auch als neuritischer oder radikulärer Schmerz bezeichnet. Das häufigste Nervenwurzelschmerzsyndrom ist Ischias, bei dem der Ischiasnerv von den L5-Wirbeln aus komprimiert oder entzündet wird und Schmerzen verursacht, die das Bein hinunter schießen. Die Diagnose von Nervenwurzelschmerzen erfolgt durch eine neurologische Untersuchung, die auch bildgebende oder elektrodiagnostische Untersuchungen umfassen kann. Diese Art von Schmerzen wird in der Regel erfolgreich mit Schmerzmitteln und einem Mobilitätsprogramm behandelt.
Schmerzen bei Dystonien (Muskelkrämpfe)
Dystonie ist eines der schmerzhaftesten Symptome von PD. Dystonien können die Gliedmaßen, den Hals, das Gesicht, die Zunge, den Kiefer, den Rumpf oder sogar die Muskeln im Rachenraum, die das Schlucken kontrollieren, oder die Stimmbänder betreffen. Bei Menschen mit PD, die an Dystonie leiden, kann es vorkommen, dass sich die Füße oder Zehen schmerzhaft krümmen, der Arm hinter dem Rücken verdreht oder der Kopf nach vorne in Richtung Brust gebeugt ist. Dystonien treten häufig dann auf, wenn die Medikamente gegen PD, wie z.B. Dopaminergika, nachlassen. Die Therapie kann eine Änderung der Dosierung der Medikamente, zusätzliche körperliche Aktivität zur Bekämpfung der Dystonie am frühen Morgen oder Injektionen von Apomorphin unter die Haut umfassen. Einige Menschen mit Dystonie profitieren von der Tiefenhirnstimulation, einem chirurgischen Verfahren, bei dem Elektroden in das Gehirn implantiert und dann aktiviert werden.
Schmerzen bei Akathisie
Akathisia ist eine extreme Unruhe, die einige Menschen mit Parkinson erleben. Diejenigen, die an Akathisie leiden, sind nicht in der Lage, still zu sitzen, Auto zu fahren oder an einem Tisch zu essen. Sie hat oft Auswirkungen auf den Schlaf und die Fähigkeit zur sozialen Interaktion einer Person. Ungefähr die Hälfte der Fälle von Akathisie bei PD schwankt medikamentös, und die Symptome können durch eine zusätzliche dopaminerge Therapie gelindert werden.
Zentrale Schmerzsyndrome
Der zentrale Schmerz ist einer der schwersten, da er unerklärliche Gefühle wie Stechen oder Brennen hervorruft. Es ist auch das seltenste Schmerzsyndrom, das bei Menschen mit Parkinson auftritt. Zentrale Schmerzen können den Bauch, die Brust, den Mund, das Rektum oder die Genitalien betreffen. Die Therapie ist oft schwierig und kann Dopaminergika, Schmerzmittel, Opiate, Antidepressiva oder Antipsychotika umfassen.
Depressionen und Schmerzen
Chronische Schmerzen können zu Depressionen führen, und Depressionen erhöhen auch die Inzidenz von Schmerzen. Etwa 40% der Menschen mit PD leiden unter Depressionen. Depressionen müssen bei der Beurteilung von Schmerzen bei Parkinson-Patienten als ein beitragender Faktor betrachtet werden und müssen möglicherweise behandelt werden.
Quelle: https://parkinsonsdisease.net/symptoms/pain/