SWR | Geschichte des Südwestens | Der Zeitstrahl | 14. Juni 1940
Der Schuhmachermeister Martin Bader aus Giengen an der Brenz leidet an Parkinson. Er muss nicht nur seinen Beruf aufgeben, sondern gerät auch ins Visier der Nationalsozialisten, die behinderte Menschen als „lebensunwertes Leben“ betrachten und sie deshalb auslöschen wollen.
In seinem Heimatort auf der Ostalb führt Martin Bader mit seiner Frau und seinen zwei Kindern zunächst ein bescheidenes, aber zufriedenes Leben. Das ändert sich, als er im Jahr 1926 im Alter von nur 25 Jahren an Parkinson erkrankt. Seine linke Körperhälfte beginnt unkontrolliert zu zittern, die Arbeit fällt ihm immer schwerer. Bald kann er sein Handwerk nur noch eingeschränkt ausüben.
Martin Bader wird regelmäßig in der psychiatrischen Klinik in Tübingen behandelt, kann aber immer nach Hause zurückkehren. Doch 1938 wird er in die Heilanstalt Schussenried eingewiesen, wo die Patienten wie Strafgefangene behandelt werden. Er darf die geschlossene Abteilung nicht mehr verlassen, leidet Hunger und friert.
Im Sommer 1940 wird Martin Bader von Schussenried nach Grafeneck auf der Schwäbischen Alb gebracht. Kurz darauf erhält seine Frau einen Brief, in dem ihr mitgeteilt wird, dass ihr Mann an den Folgen eines Hirnschlags gestorben sei. Sie glaubt nicht an eine natürliche Todesursache, denn in Giengen und den Nachbarorten häufen sich die Meldungen über Todesfälle aus Grafeneck. Doch tun kann sie nichts. Erst nach Ende der nationalsozialistischen Herrschaft findet Martin Baders Sohn Helmut heraus, dass sein Vater am 14. Juni 1940 in der Gaskammer von Grafeneck ermordet wurde.
Martin Bader ist einer von mehr als 10.000 Menschen, die in Grafeneck zu Opfern der sogenannten Euthanasie-Aktion der Nationalsozialisten wurden.
Teil 2: Johanna Geissmar: Schicksal einer badischen Kinderärztin
Teil 3: NS-Vernichtungspolitik
Siehe auch: https://www.t4-denkmal.de/Martin-Bader