Rückgewinn der Kontrolle angesichts von Parkinson

Körperübung, einschließlich Qigong und Tai Chi, kann zu beeindruckenden Ergebnissen führen.

Vivian Vu Ho, Medizinstudentin in Stanford, berichtet: Das erste Mal traf ich Joe in einer leeren Kapelle in Palo Alto, Kalifornien. Ich kam dorthin, weil mir einer seiner Schüler, ein Freund von mir, sagte, er sei ein medizinisches Rätsel. Ein 77-jähriger Parkinson-Patient, der die Krankheit seit mindestens 11 Jahren hatte, aber mit nur einer kleinen Dosis von Medikamenten (Carbidopa-Levidopa) in der Lage war, seine motorischen Fähigkeiten und seine Lebensqualität drastisch zu verbessern, weit mehr als die Ärzte glauben konnten. Er unterrichtete jetzt am Mittwochnachmittag Qigong und Tai Chi in der Gemeinde in einem großen Raum einer Kirche in der Cowper Street.

Die Kapelle hatte keine Bänke, nur einen einzigen Teppich in der Mitte. Joe, die einzige andere Person im Raum, stand mit einem Rollator am Rand des Teppichs. Heute waren keine anderen Studenten erschienen, wir blieben zu zweit. Bei Joe war Parkinson (oder „PD“, wie seine Neurologin Helen Brontë-Stewart es nennt) diagnostiziert worden, eine neurodegenerative Störung, die mit der Erschöpfung dopaminerger Neuronen im Zentralnervensystem korreliert und zu langsamer Bewegung, Körpersteife, Zittern und Haltungsinstabilität führt.

Er gehört zu fast einer Million Amerikanern, bei denen bis 2020 die Parkinson-Krankheit diagnostiziert sein wird. Die Parkinson-Krankheit beeinträchtigt sowohl die motorischen Fähigkeiten als auch die kognitiven Fähigkeiten. Im Gegensatz zu den anderen 40–50 Prozent der Menschen mit Parkinson leidet Joe nicht an klinisch signifikanten depressiven Störungen. Seine Feinmotorik hat sich nicht bis zu einem schwerwiegenden Verlust der Unabhängigkeit und Kontrolle über seinen eigenen Körper verschlechtert, was sonst zu einem Verlust der Würde geführt haben könnte, eine Entwicklung, die für viele entmutigend sein kann.

Bei Joe wurde Parkinson erstmals vor 11 Jahren, im Jahr 2008, diagnostiziert, weil einer seiner Qigong-Lehrer ihm vorgeschlagen hatte, einen Neurologen aufzusuchen. Er war mehrmals flach aufs Gesicht gefallen. Er hatte Probleme beim Wählen des Telefons, und er wusste das. Als er die Praxis eines Neurologen besuchte, sagte der erste Arzt: „Ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, dass Sie eine unheilbare Krankheit haben!“ Der Arzt wollte vermutlich sagen: „Ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, dass wir eine Diagnose haben. Leider ist es eine unheilbare Krankheit“, aber die Worte kamen zu schnell heraus. Joe war natürlich schockiert. Der Arzt entschuldigte sich nie für die Wirkung seiner Worte, aber seine Worte hielten Joe einige Monate lang von weiteren medizinischen Untersuchungen ab.

Joe begab sich in die Obhut einer anderen Ärztin, die bis heute seine Neurologin blieb. Brontë-Stewart, PD-Spezialistin und renommierte Stanford-Forscherin für Bewegungsstörungen, kam aus ihrer Erfahrung als ehemalige Balletttänzerin in den Beruf und interessierte sich dafür, wie unser Körper verstehen kann, was wir von ihm verlangen. Sie verschrieb ihm Medikamente, um seine fortschreitenden Symptome wie Zittern und Stürze zu lindern. Das Medikament Levodopa und Carbidopa ersetzt das Dopamin, das nicht mehr von den dopaminergen Neuronen bereitgestellt wird. Nachdem sie Joe ein halbes Jahr lang beobachtet hatte, stellte sie fest, dass etwas an ihm anders war. Joe erinnert sich, dass sie zu ihm gesagt hat: „Von all den Leuten, die ich kenne, die Parkinson haben, gehen Sie besser damit um als jeder andere, den ich kenne, mit Ausnahme einer anderen Person – einer 30-jährigen Yogapraktikerin.“

Ich war gekommen, um zu sehen, inwiefern Joe anders war. Joe begrüßte mich in seiner Klasse. Ich ging auf den Teppich, die Schuhe ausgezogen. Joe drehte sich zur Wand um, um seinen Rollator zu parken. Die Knie wankten zitternd ein- und auswärts, und seine Hände zitterten, als er den Rollator abstellte.

Wir begannen die Qigong-Lektion, indem wir in die erste stehende Haltung gingen. Qigong, eine bewegte Meditation aus China, integriert Körperhaltung, Bewegung und Meditation. Es könnte funktionieren, um Joe bei seinen Symptomen zu helfen, denn seine konzentrierte Aufmerksamkeit auf seinen Körper erlaubt es ihm, den Körper zu beruhigen. Die östliche Medizin nennt es Qi oder Chi (Lebenskraft). Das vollständige Verständnis der westlichen Medizin über ihren biologischen Mechanismus ist noch unklar.

Ich fing an, Joes Haltung widerzuspiegeln, die Knie leicht gebeugt, der Rücken aufrecht. Je tiefer wir in die stehende Haltung kamen, desto mehr bemerkte ich, dass Joes Zittern nachließ. Innerhalb weniger Minuten hatte sich sein Tremor vollständig aufgelöst. Sein ganzer Körper öffnete und schloss sich mit seinem Atem und seine zitternden Gliedmaßen beruhigten sich. Ich war beeindruckt von der Verwandlung.

Ich fragte Brontë-Stewart, was der mögliche Mechanismus für Joes Verwandlung sein könnte. Sie erinnert sich vor 20 Jahren, „als ich zum ersten Mal Sport verschrieb, dachten meine Kollegen, ich sei verrückt.“ Sie neckten sie damit, dass sie den ganzen Tag Yoga verschrieb. Aber im Jahr 2006 änderte die American Academy of Neurology ihre Richtlinien basierend auf Beweisen und erkannte Bewegung als neuroprotektiv an.

Heutzutage ist Bewegung laut Brontë-Stewart „das Zauberwort“. In über 20 Studien an Maus- und Humanmodellen wurde gezeigt, dass Bewegung die Neurodegeneration und die Neuroinflammation verringert und gleichzeitig das Wachstum und die Verbindungen neuer Neuronen fördert. Insbesondere bei neurodegenerativen Erkrankungen wie Parkinson kann Bewegung dabei helfen, den Krankheitsprozess umzukehren. Joe ist ein anschauliches Beispiel dafür, wie wirkungsvoll Sport- und Bewegungsübungen sein können.

Für ihre Patienten ist es Brontë-Stewart egal, welche Art von Übung sie machen, solange sie Spaß daran haben und sich in Kontakt mit ihrem Körper fühlen. Sie verschreibt Yoga, Tai Chi, Tango, Boxen, Radfahren und viele andere Formen der Bewegung. Sie sagt, die wichtigste Frage für die Patienten sei: „Wie fühlst du deinen eigenen Körper?“ Sie schickt viele ihrer Patienten in eine Rock Steady-Boxklasse, von denen sie sagt: „Sie haben das Gefühl, endlich etwas tun zu können, und ihr Selbstbewusstsein wird viel besser.“

Mit Tai Chi, sagt sie, „bekommen die Patienten das Gefühl sich auf eine schöne Art zu bewegen.“ Insbesondere angesichts eines sich verändernden Körperbildes war dies ein starkes Gefühl für Joe, das Gefühl der Verbundenheit mit seinem eigenen Körper, seine Bewegung im Raum und der Fluss der Lebensenergie in seinem Körper.

Randomisierte Kontrollstudien zeigen, dass die Erschließung der Verbindung zwischen Geist und Körper durch Rehabilitationsprogramme für körperliche Betätigung die Lebensqualität und die motorischen Ergebnisse von Patienten mit Parkinson drastisch verbessert. Dies führte sogar dazu, dass die Harvard Medical School ein 12-wöchiges Tai Chi-Programm für Parkinson eröffnete. 2016 baute Brontë-Stewart gemeinsam mit dem Architekten des Neurowissenschaftsgebäudes in Stanford ein Tanzstudio für PD-Patienten auf, das heute zu den lebendigsten Räumen zählt, heute einer der lebendigsten Räume, der nicht nur Bewegung fördert, sondern auch ein Gefühl der Gemeinschaft vermittelt.

Mittlerweile hat „Dance for PD“ unter Mark Morrisons Dance Group Kurse in über 25 Ländern der Welt eröffnet.

Es hat sich gezeigt, dass Bewegung den motorischen Aspekten von Parkinson hilft, aber einige der nächsten Fragen bei Parkinson betreffen die nicht-motorischen Symptome. Das ist es, was Joe interessiert. Die Neurologin Kathleen Poston, Stanford-Forscherin über die kognitiven und Gedächtnisprobleme bei Menschen mit Parkinson, erkennt, dass „ein Großteil des emotionalen Stresses auf eine Person durch zunehmende kognitive Schwierigkeiten und Demenz verursacht wird“.

Laut Poston kann Bewegung auch dazu beitragen, das Fortschreiten von nichtmotorischen Symptomen zu verlangsamen, obwohl Studien nichtmotorische Symptome nur als sekundäre Ergebnisse eingeschlossen haben, „welche noch fraglich sind.“ Ihre Forschung konzentriert sich auf die nichtmotorischen Symptome als primäre Ergebnisse. Obwohl wir wissen, dass die Verbindung zwischen Geist und Körper wichtig ist, ist das vollständige pathophysiologische Verständnis der Parkinson-Krankheit immer noch unklar: „Wir müssen die Forschung vorantreiben.“

Für Joe haben Qigong und Tai Chi eine wichtige Rolle in seinem Leben gespielt, um sowohl motorische als auch kognitive Aspekte der Parkinson-Krankheit zu steuern. Wenn er keinen Unterricht gibt oder sich nicht mit den Details seines Lebens befasst, verbringt er seine Zeit damit, sich mit Literatur zu beschäftigen, wie sein Stapel von Büchern über Neurowissenschaften, Schlafmedizin und chinesische Medizin auf dem Klavier der Kapelle zeigt.

Was können Sie Ärzten beibringen, wie man Patienten am besten versorgt, wenn es nicht immer eine Heilung gibt?“ Er antwortete zuversichtlich: „Unser Glaube wandelt sich in Abhängigkeit von unseren realen Erfahrungen. Wenn wir bereit sind unsere Glaubensätze aufzuweichen und bescheiden damit sein könnten, was wir glauben… denn am Ende ist Heilung ein persönliches Projekt.

Autorin: Vivian Vu Ho, medical student at Stanford.

Quelle: https://blogs.scientificamerican.com/observations/reclaiming-control-in-the-face-of-parkinsons/

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