Frühe Anzeichen

Die Parkinson-Erkrankung tritt allmählich auf, die Beschwerden sind zu Beginn gewöhnlich gering und drängen sich nicht als Krankheitszeichen auf. Manche Patienten fühlen sich zunächst müde oder abgeschlagen, andere zittrig oder vergesslich. Angehörigen fällt auf, dass die Betroffenen leise sprechen, aus nichtigen Anlässen gereizt oder depressiv reagieren. Die Handschrift wirkt verkrampft, sie wird kleiner, besonders am Ende einer Zeile oder einer Seite.

Viele Patienten ziehen sich zurück, vernachlässigen ihre Hobbys. Die Gesichtszüge verlieren an Ausdruck und die Mimik lässt nach. Die Betroffenen bewegen sich insgesamt wenig, sitzen meist viel, können sich nur noch mühsam aus dem Stuhl erheben (von normaler Sitzhöhe noch besser als aus einem tiefen Sessel). Zu Anfang werden die Symptome häufig ganz allgemein dem Älterwerden zugeschrieben. Zu den Frühsymptomen gehören auch Missempfindungen oder Schmerzen im Nacken, Rücken oder in Armen oder Beinen, was manchmal als Muskel- oder Gelenkerkrankung fehlgedeutet wird.

Die Patienten selbst bemerken, dass es ihnen schwer fällt, Bein oder Arm wie gewünscht oder so rasch wie früher zu bewegen. Sie fühlen sich steif, unsicher und ungewöhnlich langsam. Aufstehen, waschen, ankleiden und essen dauert länger als früher. Ihr Rückzug von gesellschaftlichen Kontakten kann Folge davon sein, dass sie im Tempo der anderen nicht mithalten können.

Wenn die Erkrankung fortschreitet, kommt es zu einer immer stärkeren Behinderung. Dinge des täglichen Lebens fallen den Betroffenen zusehends schwerer.

Quelle: https://www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org/neurologie/erkrankungen/parkinson-syndrom/fruehanzeichen/


Die Erforschung von krankhaften Veränderungen des Gehirns hat im letzten Jahrzehnt im Verständnis der Entstehung der idiopathischen Parkinson-Krankheit zu wichtigen neuen Erkenntnissen geführt. Diese Forschungsergebnisse haben auch bezüglich der Früherkennung und Frühdiagnostik, aber auch der Neuroprotektion (Verlangsamung des Verlaufs) große Bedeutung.

„Präsymptomatische“ Frühstadien

Es war auch früher bekannt, dass im Hintergrund der verschiedenen Symptome der Parkinson-Krankheit nicht nur der Zellschwund in der Schwarzen Substanz und der daraus entstehende Dopamin-Mangel im Streifenkörper verantwortlich sind, sondern die Degeneration auch andere Strukturen des Gehirns, auch nicht dopamingebundene, betrifft. Diese degenerativen Veränderungen sind die Ursache der nicht motorischen Symptome, wie der Depression, der vegetativen (den Kreislauf, das Verdauungssystem und den Harntrakt betreffenden) und der kognitiven (das Gedächtnis und die höheren Gehirnfunktionen betreffenden) Störungen.

Riechstörung

Die Untersuchungen von Braak und Mitarbeitern zeigten aber, dass die Degeneration nicht in der Schwarzen Substanz beginnt, sondern im Bereich der Riechnerven (Nervus und Bulbus olfactorius), sich dann auf Teile der Brücke (Pons) und des unteren Hirnstammes (Medulla oblongata) erstreckt. Erst im dritten Stadium wird die Schwarze Substanz im Mittelhirn betroffen. Dementsprechend treten in den Frühstadien (Stadium 1 und 2 nach Braak) noch nicht die typischen motorischen Symptome der Parkinson-Krankheit auf. Im Stadium 1 entwickelt sich eine Riechstörung, die von vielen Patienten wahrgenommen wird und mit genaueren Untersuchungen des Riechvermögens fast immer nachweisbar ist. Im letzten Jahren wurden auch Frühsymptome beschrieben, die die Augenmotorik betreffen, und einen „Augentremor“ verursachen.

REM-Schlaf-assoziierte Verhaltenstörung

Im Stadium 2 kann eine typische Schlafstörung auftreten, die so genannte REM-Schlaf-assoziierte Verhaltensstörung. Diese Krankheit, die auch als Schenck-Syndrom bezeichnet wird, beruht auf einem Wegfall der normalerweise während der REM-Phasen bestehenden schlaffen Lähmung der Willkürmuskulatur (REM-Schlaf: Schlafphase mit schnellen Augenbewegungen). Dadurch kommt es zum „Ausagieren“/“Ausleben“ der Träume: Die Patienten führen ruckartige, oft heftige Bewegungen aus.

Erst im Stadium 3, wenn ca. 50% der Dopamin-Produktion in der Schwarzen Substanz verloren gegangen ist, treten die motorischen Symptome der Parkinson-Krankheit auf.

Diese neueren Erkenntnisse ermöglichen zukünftig eine frühere Diagnose und möglicherweise eine neuroprotektive Behandlung: Der Krankheitsvorgang sollte so frühzeitig noch vor dem Auftreten der motorischen Parkinson-Symptome gestoppt oder verlangsamt werden.

Frühdiagnose – Atypische Frühsymptome

Die klinische Erfahrung, aber auch entsprechende Studien zeigen, dass die frühzeitig eingeleitete Therapie der Parkinson-Krankheit auch den Krankheitsverlauf positiv beeinflusst. Diese Erfahrung untermauert die Wichtigkeit der frühzeitigen Diagnosestellung.

Diagnostisches Vorgehen

Das voll entwickelte Krankheitsbild der Parkinson-Krankheit ist praktisch nicht zu übersehen, die Diagnose kann sogar häufig als „Blickdiagnose“ gestellt werden.

In der Anfangsphase sind die körperlichen Symptome aber häufig minimal und können nur beim besseren Hinhören und Hinsehen gefunden werden. Es ist auch erforderlich, dass die untersuchenden Ärzte, besonders bei atypischen Symptomen und der Therapie widerstehenden Schmerzen, aber auch bei Depressionen überhaupt an die Diagnose Parkinson denken.

Anamnese und Fremdanamnese

Besondere Wichtigkeit erlangt die ausführliche Vorgeschichte des Patienten. Symptome wie Leistungsabfall, allgemeine Verlangsamung, neu aufgetretene chronische Obstipation, verzögerte Erholung nach einer anderen Erkrankung können den Untersuchenden hellhörig machen. Gezielte Fragen nach den körperlichen und psychischen Symptomen sind unerlässlich.

Auch die Erfahrungen der Angehörigen sind von großer Bedeutung. Veränderungen der Lebensgewohnheiten, ein verändertes Gangbild oder die veränderte Körperhaltung, die heisere Stimme, das fehlende Mitschwingen eines Armes oder Störungen der Feinmotorik fallen oft zuerst den Angehörigen auf. Erstsymptome werden bisweilen anderweitig interpretiert. So wird eine Neigung zum Stolpern mit unpassenden Schuhen erklärt, die Schreibstörung mit ungeeigneten Schreibzeug.

Beobachtung des Patienten und die körperliche Untersuchung

Die genaue Beobachtung des in das Sprechzimmer hereinkommenden Patienten ermöglicht schon eine erste Diagnosevermutung. Das beim Gehen fehlende Abrollen auf einer Seite, das fehlende Mitschwingen eines Armes, das In-den-Stuhl-Fallen beim Hinsetzen, die eingeschränkte oder fehlende Mimik und Gestik sind verdächtig.

Die gezielte Untersuchung der typischen Symptome erhärtet dann die Diagnose. Der Rigor, das heißt die parkinsontypische Verspannung der Muskulatur wird auch unter Provokation (Faustmachen oder Festdrücken eines Gegenstandes auf der Gegenseite z. B. Reflexhammer) untersucht. Bei diesem Test findet man bei passivem Durchbewegen der Großgelenke auch das so genannte „Zahnrad-Phänomen“: die abgehackte Bewegung des Gelenks.

Auch das parkinsontypische Ruhezittern wird unter Provokation getestet: Kopfrechnen (100-7 usw.) erhöht die innere Spannung und dadurch wird das Zittern provoziert oder verstärkt. Halte- oder Aktionszittern können auch auftreten, diese werden beim Vorhalteversuch der Hände bzw. beim Anfassen eines gefüllten Glases untersucht.

Der Kopf-Fall-Test kann beim Liegen den Rigor in der Nackenmuskulatur nachweisen. Der Stoß-Test oder der Stuhl-Kipp-Test kann die Störungen des Gleichgewichts provozieren.

Die Untersuchung der schnellen, drehenden Handbewegungen, das Fingertippen, der Barfußgang geben weitere Hinweise.

Besondere Bedeutung haben auch die Schrift- und Zeichenproben. Die parkinsontypische Veränderung des Schriftbildes (immer kleiner werdende Buchstaben = Mikrographie) bereitet für die Patienten häufig Probleme (Unterschrift wird in der Bank nicht anerkannt) und kann insbesondere im Vergleich mit früheren Schriftproben zur Diagnosestellung beitragen. Schrift- und Zeichenproben können übrigens auch für die Therapiekontrolle eingesetzt werden.

Aufgrund der neuen Erfahrungen der Krankheitsentstehung ist auch eine einfache Untersuchung des Riechvermögens notwendig, z. B. in Form des Oregano-Tests. Der Verlust oder die Einschränkung des Riechvermögens kann eine weitere diagnostische Hilfe sein.

Klinische Diagnose

Bei der Diagnosestellung der Parkinson-Krankheit handelt es sich um eine so genannte „klinische Diagnose“. Das heißt, die Diagnose wird aufgrund der Symptome und der Untersuchungsbefunde gestellt und durch das gute Ansprechen auf die adäquate Therapie bestätigt. Im Allgemeinen sind weitere Untersuchungen – bis auf eine Computertomographie des Kopfes – nicht notwendig.

Nach der körperlichen Untersuchung werden die Ergebnisse der Anamneseerhebung und der Untersuchung analysiert: Wenn von den 4 Grundsymptomen der Krankheit neben der Akinese

  • Brady- oder Akinese (= Verlangsamung und Verarmung der Bewegungen)
  • Ruhetremor (Ruhezittern)
  • Rigor (Steifheit der Muskulatur)
  • Störung der das Gleichgewicht aufrechterhaltenden Reflexe

mindestens 1 weiteres Symptom vorhanden ist, ist die Diagnose eines Parkinson-Syndroms sehr wahrscheinlich. Wenn keine atypischen Symptome, wie frühzeitige schwere Stürze, frühe schwere vegetative Symptome, frühzeitige Demenz usw. vorhanden sind, die auf eine andere Erkrankung hinweisen können, fehlt zur Bestätigung der Diagnose nur das gute Ansprechen auf die L-Dopa- oder Dopaminagonisten-Therapie.

Diese Bestätigung kann durch den L-Dopa-Test oder den Apomorphin-Test erfolgen. Bei typischen Krankheitsbildern kann man auf diese Tests aber verzichten. Auch eine Anbehandlung mit L-Dopa oder Dopaminagonisten kann bei gutem Ansprechen auf diese Medikamente die Diagnose untermauern.

Es wird empfohlen, bei der Erstdiagnose eines Parkinson-Syndroms immer auch eine Computertomographie des Gehirns durchführen zu lassen. Mit Hilfe dieser Untersuchung können wir solche Krankheiten ausschließen, die Parkinson ähnliche Symptome verursachen, aber einer ganz anderen Behandlung bedürfen, z. B. eine Störung der Zirkulation der Gehirnflüssigkeit oder einen Gehirntumor. Bei jüngeren Patienten wird auch eine Kupfer-Stoffwechselstörung mit dem so genannten Coeruloplasmin-Test ausgeschlossen (Wilson-Krankheit).

Apparative Untersuchungen

Wie schon erwähnt, sind weitere Untersuchungen im Allgemeinen nicht notwendig.

In der letzten Zeit steht neben der Untersuchung des Riechvermögens ein weiteres, nicht belastendes diagnostisches Instrument, die transkranielle Sonographie, zur Verfügung (Ultraschalluntersuchung des Gehirns). Damit können durch den an der Schläfe nur dünnen Schädelknochen Auffälligkeiten der Schwarzen Substanz gemessen werden. Bei über 90% der Patienten mit M. Parkinson, jedoch nicht bei Patienten mit atypischen Parkinson-Syndromen, lässt sich ein ausgeprägtes Signal, eine so genannte Hyperechogenität der Schwarzen Substanz, nachweisen. Diese Erscheinung rührt wahrscheinlich von einer erhöhten Eisenkonzentration in der Schwarzen Substanz her.

Wenn in Ausnahmefällen die Diagnose nicht eindeutig zu stellen ist, können wir mit Hilfe der DAT-Scan-Untersuchung die Parkinson-Krankheit bestätigen oder ausschließen. Bei dieser Untersuchung werden mit radioaktiven Isotopen und mit Hilfe einer SPECT-Kamera die so genannten Dopamin-Transporter dargestellt. Die Dopamin-Transporter sind im Gehirn der Parkinson-Patienten ebenso verringert wie das Dopamin.

Ausblick in die Zukunft

In der bisherigen Darstellung haben wir die Schwierigkeiten und die immer besser werdenden Möglichkeiten der Frühdiagnose zusammengefasst. Wir haben auch über die Bedeutung der Frühdiagnose für die Patienten und für den Verlauf der Krankheit gesprochen.

Die vor ca. 45 Jahren eingeführte und seit dieser Zeit ständig verfeinerte dopaminerge Therapie hat die Behandlung der Parkinson-Krankheit revolutioniert. Sie hat einerseits zur Normalisierung der früher deutlich verkürzten Lebenserwartung geführt, andererseits hat sich die Lebensqualität der Parkinson-Patienten grundlegend verbessert.

Wir dürfen aber nicht vergessen, dass diese Therapie nur eine symptomatische ist und das Fortschreiten der Krankheit nicht richtig beeinflussen kann. Eben dieses ständige Fortschreiten bzw. das zunehmende Absterben der Nervenzellen bereitet in der Langzeitbehandlung große Probleme. Infolge der Langzeitkomplikationen der Krankheit ist neben der Ursachenforschung das wichtigste Ziel der Parkinson-Forscher die Verlangsamung und vielleicht auch das Aufhalten des Absterbens der erkrankten Nervenzellen.

Wenn diese Bestrebungen erfolgreich sind, wird die Bedeutung der Früherkennung und sogar der Prophylaxe (frühzeitige Erkennung der gefährdeten Personen) noch wichtiger.

Selbstbeurteilungsbogen „Früherkennung“ der Deutschen Parkinson-Vereinigung

Der ärztliche Beirat der dPV hat zur Früherkennung der Parkinson-Krankheit einen Fragebogen entwickelt. Wenn mehr als 3 Fragen mit ja beantwortet werden, könnte die betroffene Person erste Anzeichen der Parkinson-Krankheit haben,

  1. Kommt es vor, dass Ihre Hand zittert, obwohl sie entspannt aufliegt?
  2. Ist ein Arm angewinkelt und schlenkert beim Gehen nicht mit?
  3. Haben Sie eine vornüber gebeugte Körperhaltung?
  4. Haben Sie einen leicht schlurfenden Gang oder ziehen Sie ein Bein nach?
  5. Haben Sie einen kleinschrittigen Gang oder kommt es häufiger vor, dass Sie stolpern oder stürzen?
  6. Leiden Sie an Antriebs- und Initiativmangel?
  7. Haben Sie häufig Schmerzen im Nacken-Schultergürtel-Bereich?
  8. Haben Sie bemerkt, dass Sie sich von Ihren Freunden und Angehörigen zurückziehen, dass Sie Kontakte meiden und zu nichts Lust haben?
  9. Haben Sie Veränderungen in Ihrer Stimme bemerkt? Ist sie monotoner und leiser als früher oder hört sich heiser an?
  10. Haben Sie eine Verkleinerung Ihrer Schrift bemerkt?
  11. Haben Sie Ihren Geruchssinn verloren?
  12. Ist es Ihren Angehörigen aufgefallen, dass Sie im Schlaf grobe, ausfallende Bewegungen machen? (Diese Frage wurde jetzt in Kenntnis der REM-Schlafstörungen dem Fragebogen beigefügt)

Stand April 2013 | Dr. Ferenc Fornadi, Gertrudis-Klinik Biskirchen


Parkinson am Körpergeruch erkennen

Hoffnung, der Krankheit früher auf die Schliche zu kommen, macht eine jüngst veröffentlichte britische Studie. Wie Forscher der Universität Manchester feststellten, verströmen Parkinson-Patienten einen anderen Geruch als gesunde Menschen. Vor allem an der Stirn und am oberen Rücken, wo viele Talgdrüsen angesiedelt sind, gaben die Betroffenen charakteristische, moschusähnliche Geruchsstoffe ab. Zur Analyse entnahmen die Wissenschaftler aus den Drüsen ein Talgsekret, das aus den chemischen Verbindungen Eicosan, Hippursäure und Octadecanal bestand. Ziel ist es, anhand dieser Substanzen einen Früherkennungstest zu entwickeln.