Parkinson, die Bauern und die Gärtner
Ein Film von Elke Brandstätter und Marko Rösseler
Senedetermin: 31.03.2021, 22.15 – 23.00 Uhr | WDR Fernsehen
„Ich habe es beim Rosenschneiden gemerkt“, sagt Ulrich Elixmann. Seine Hände funktionierten einfach nicht mehr. Er ließ sich untersuchen, die Diagnose war ein Schock: Parkinson. Heute ist er 60, nimmt 13 Tabletten am Tag, macht Gymnastik, Ergotherapie, Logopädie. Er hofft, den Krankheitsverlauf zu verlangsamen, das starre Gesicht, die zunehmende Bewegungslosigkeit. Eine Frage aber lässt ihn nicht los: Warum Parkinson? Warum er? Und warum sind auch andere Gärtner und Landwirte in seinem Bekanntenkreis betroffen?
Tatsächlich hat sich die Zahl der Parkinsonerkrankten seit den 1990er Jahren weltweit verdoppelt. Forscher wie Bas Bloem von der Radboud-Universität in den Niederlanden sprechen sogar von einer Pandemie: Es sei die am schnellsten wachsende neurologische Erkrankung der Welt, die vorwiegend durch Faktoren in der Umgebung verursacht sei. Vor allem stark industrialisierte Länder sind betroffen, in denen viele verschiedene Chemikalien in die Umwelt gelangen. Pestizide zum Beispiel.
Den Zusammenhang zwischen Parkinson und Pestiziden hat Beate Ritz, eine Epidemiologin der University of California in Los Angeles, untersucht. Sie konnte einen einzigartigen Datenschatz auswerten: Im kalifornischen Central Valley, einer riesigen intensiv genutzten landwirtschaftlichen Fläche, wurde seit Anfang der siebziger Jahre genau erfasst, wann wo welche Stoffe gegen Pilze, Unkraut und Insekten ausgebracht wurden. Sie verglich die Daten mit Wohnorten von Parkinsonpatienten – und tatsächlich lebten diese Menschen viel näher an den Feldern als nicht erkrankte. Inzwischen wurden über 20 Wirkstoffe, die jahrzehntelang eingesetzt wurden, gesondert untersucht: Es gibt deutliche Hinweise darauf, dass sie in den Hirnstoffwechsel eingreifen und Parkinson auslösen können.
Auch Ulrich Elixmann hatte während seines 40-jährigen Berufslebens mit vielen Substanzen Kontakt, die als problematisch gelten. Heute bedauert er seinen sorglosen Umgang mit Pestiziden. Und obwohl es immer mehr Studien gibt, die ein höheres Risiko für Landwirte und Gärtner zeigen, gilt Parkinson in Deutschland bisher noch nicht als Berufskrankheit. In Frankreich ist das anders: Dort ist Parkinson als Berufskrankheit längst anerkannt. Zum Beispiel bei Sylvie Berger aus dem Bordelais, einer der teuersten Weinbauregionen Europas. Dort werden besonders hohe Mengen Pestizide ausgebracht. Sylvie Berger hat im Weinbau gearbeitet, heute leidet sie an Parkinson. Sie bekommt eine Berufsunfähigkeitsrente, warum der Gärtner Ulrich Elixmann aus Deutschland nicht?