Parkinson-Therapie per App im heimischen Wohnzimmer
SWR Aktuell4 Minuten
Zum Welt-Parkinson-Tag weist die Unimedizin Mainz auf eine neue telemedizinische Therapie hin, die nach Science-Fiction klingt: Per Fernsteuerung werden Patienten behandelt.
Die neue Methodik richtet sich nach Angaben der Mainzer Universitätsmedizin an Parkinson-Erkrankte, die mit der sogenannten Tiefenhirnstimulation (THS) behandelt werden, umgangssprachlich auch Hirnschrittmacher genannt.
Elektroden im Gehirn kontrollieren Bewegungen
Dabei werden den Betroffenen kleine Elektroden ins Gehirn eingesetzt. Diese wiederum werden mit einem Impulsgenerator verbunden, der auf dem Brustkorb implantiert wird. Die Elektroden senden dann vom Generator erzeugte Signale an die Bereiche im Gehirn, die die Bewegung kontrollieren. Auf diese Weise kann zum Beispiel das typische Zittern unterdrückt werden.
Kontakt per Video-Chat
Früher mussten die Patientinnen und Patienten regelmäßig ins Krankenhaus, um die Einstellungen dieses Hirnstimulators überprüfen und bei Bedarf anpassen zu lassen. Das ist nun nach Angaben der Universitätsmedizin nicht mehr nötig: Die Betroffenen können per Video-Chat mit ihrem Arzt oder ihrer Ärztin in Kontakt treten.
Diese können dann per Ferntherapie über eine Cloud- und Bluetooth-basierte Technologie den Batteriestatus des Hirnstimulators abfragen sowie notwendige Einstellungen und Anpassungen an dem Stimulator vornehmen.
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Änderungen können sofort getestet werden
Ein weiterer Vorteil: durch die Behandlung in der häuslichen Umgebung können die Patientinnen und Patienten die Änderungen sofort in ihrem normalen Alltags-Umfeld testen. Dies gebe ihnen zusätzliche Sicherheit, heißt es von der Universitätsmedizin.
Sicherheit laut Hersteller gewährleistet
Nach Angaben des Herstellers Abbott werden dabei alle Maßgaben zur IT-Sicherheit und zum Datenschutz gewährleistet. Bei einem Stromausfall oder einer instabilen Internetverbindung schalte der Hirnstimulator umgehend in einen sicheren Modus auf Basis der vorherigen Einstellung.
Zwar sei die Software bislang ausschließlich mit Apple-Geräten nutzbar, so die Universitätsmedizin. Zukünftig solle sie aber auch für weitere Betriebssysteme bereitgestellt werden.
Bis zu 40 „Hirnschrittmacher“ pro Jahr
An der Universitätsmedizin wird das THS-Verfahren seit 2005 eingesetzt. Jährlich werden rund 30 bis 40 Eingriffe durchgeführt. Damit zählt die Universitätsmedizin Mainz nach eigenen Angaben zu den größten THS-Behandlungszentren in Deutschland.
Mit rund 300.000 Betroffenen ist die Parkinson-Krankheit nach der Alzheimer-Krankheit die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung in Deutschland.