Nach einem Konsensuspapier (Deuschl et al, Mov Disorders, 1998, 2-23), das von namhaften Experten auf diesem Gebiet zusammengestellt worden ist, werden Tremor-Erkrankungen wie folgt klassifiziert:

  • Physiologischer Tremor
  • Verstärkt physiologischer Tremor
  • Essentieller Tremor
  • Parkinson-Tremor
  • Orthostatischer Tremor
  • Aufgaben- oder positionsspezifischer Tremor
  • Dystoner Tremor
  • Zerebellärer Tremor
  • Holmes Tremor
  • Gaumensegeltremor
  • Tremor bei Neuropathie
  • Medikamenteninduzierter und toxischer Tremor
  • Psychogener Tremor
  • Unklassifizierbarer Tremor

Tremordiagnose

Zur Quantifizierung der Tremorstärke und –frequenz sowie zur Differenzierung von Tremorerkrankungen wird die sogenannte Tremoranalyse durchgeführt. Hierdurch ist eine Unterscheidung zwischen einem zentralen oder peripheren Tremor möglich. Die Tremor-Diagnostik kann elektiv über die neurologische Ambulanz oder bei schwer beeinträchtigenden Symptomen auch über die neurologische Normalstation erfolgen. Eine differentialdiagnostische Zuordnung des klinischen Befundes unter Berücksichtigung der Tremoranalyse findet bevorzugt in der Ambulanz für Bewegungsstörungen statt. Dort bieten wir auch eine eingehende Beratung des Tremor-Patienten und die Differentialtherapie an.

Physiologischer Tremor

Der physiologische Tremor beschreibt die mechanische Eigenschaft eines jeden Körperteils im Raum zu schwingen, ohne dass es dabei zu störenden Amplituden kommt. Dieser Tremor wird durch ein aktives Vorhalten der Extremitäten produziert, ist meistens nicht oder nur minimal sichtbar, aber in der Tremoranalyse messbar. Im Falle der oberen Extremitäten lässt sich ein feinschlägiger, hochfrequenter (7-12 Hz) Tremor mit Frequenzreduktion unter Gewichtsbelastung nachweisen.

Der physiologische Tremor wird meist nicht als störend empfunden, hat daher auch keinen Krankheitswert und bedarf in der Regel keiner Therapie.

Verstärkt physiologischer Tremor

Der verstärkt physiologische Tremor oder auch gesteigerte physiologische Tremor ist im Gegensatz zum physiologischen Tremor meist sichtbar und situativ oder dauerhaft störend. Unter Haltebedingungen zeigt sich in der Tremoranalyse ein fein- bis mittelschlägiger, hochfrequenter (7–12 Hz) Tremor, der neben der mechanischen Komponente (siehe oben: physiologischer Tremor) häufig eine synchrone Aktivität der Muskulatur aufweist.

Jeder Mensch kennt das – das Zittern der Hände. Ausgelöst wird das Zittern beispielsweise durch Kaffee, Angst oder Aufregung. Andere häufige Ursachen sind Erschöpfung, Stress, Kälte, Überfunktion der Schilddrüse, Unterzuckerung und andere Stoffwechselstörungen. Ferner tritt der verstärkt physiologische Tremor als Nebenwirkung oder bei Entzug von verschiedenen Medikamenten oder Drogen auf (medikamenten-induzierter und toxischer Tremor).

Therapeutisch werden die Ursachen des verstärkt physiologischen Tremors – wenn möglich – angegangen, zudem werden nicht kardio-selektive Betablocker wie Propranolol oder Antiepileptika wie Primidon, Gabapentin und Topiramat eingesetzt.

Essentieller Tremor

Der Essentielle Tremor ist der häufigste pathologische Halte- und Bewegungstremor und eine der häufigsten Bewegungsstörungenüberhaupt. Er kann sich in jedem Alter manifestieren, schreitet langsam voran und behindert zunehmend auch durch Auftreten bei zielgerichteten Bewegungen (Intentionstremor). Der essentielle Tremor findet sich häufig symmetrisch an den oberen Extremitäten, kann aber auch ein Zittern des Kopfes (Kopftremor), der Stimme(Stimmtremor), des Rumpfs oder der unteren Extremitäten einbeziehen. Eine familiäre Häufung ist bekannt. Klinisch sowie in der Tremoranalyse zeigt sich ein zentraler, mittelschlägiger, mittelfrequenter Halte- und Bewegungstremor um 5-8 Hz.

Die Ursache für den essentiellen Tremor ist bislang nicht geklärt, involviert sind Gehirnabschnitte wie der Hirnstamm und das Kleinhirn. Die Abgrenzung zu einem verstärkt physiologischen Tremor oder einem Parkinson-Tremor ist mitunter schwierig.

Eine Reduktion des essentiellen Tremors durch kleinere Mengen Alkohol ist charakteristisch. Therapeutisch werden nicht kardio-selektive Betablocker wie Propranolol, Antiepileptika wie Primidon, Gabapentin und Topiramat oder Botulinumtoxin A eingesetzt. Bei Therapieresistenz kommt eine Tiefe Hirnstimulation im Ncl. ventralis intermedius (VIM) des Thalamus mit gutem Erfolg in Betracht.

Parkinson-Tremor

Der Parkinson-Tremor (4 – 7 Hz) tritt als Symptom beim Parkinson auf. Er wird historisch in drei Typen unterteilt:

  • Typ I: Ruhetremor oder Ruhe- und Halte-/Bewegungstremor der selben Frequenz
  • Typ II: Ruhe- und Halte-/Bewegungstremor unterschiedlicher Frequenz
  • Typ III: reiner Halte-/Bewegungstremor

Für die Therapie des Parkinson-Tremors ist zunächst eine adäquate Behandlung des M. Parkinson von Bedeutung. In der tremorspezifischen Therapie werden beim Ruhetremor zudem Anticholinergika, Budipin und Clozapin (off-label) eingesetzt. Beim Halte- und Bewegungstremor finden Propranolol und Primidon Anwendung. Bei Therapieresistenz kommt eine Tiefe Hirnstimulation im Ncl. subthalamicus (STN) oder bei ausgewählten Fällen im Ncl. ventralis intermedius (VIM) des Thalamus mit gutem Erfolg in Betracht.

Orthostatischer Tremor

Der orthostatische Tremor ist ein nicht-sichtbarer, hochfrequenter Tremor (12-20 Hz), der bei Anspannung der Beinmuskulatur im Stehen zu einer deutlichen Standunsicherheit führt. Das Gehen ist in der Regel deutlich weniger beeinträchtigt. In der Tremoranalyse findet sich eine hohe Kohärenz zwischen den abgeleiteten Muskeln.

Die Ursache für den primären orthostatischen Tremor ist nicht bekannt, es wird ein Tremor-Generator im Hirnstamm angenommen. Der sekundäre orthostatische Tremor tritt bei anderen Erkrankungen wie dem Morbus Parkinson oder symptomatisch nach kleineren Schädigungen des Hirnstamms auf.

Die Behandlung des orthostatischen Tremors erfolgt mit teilweise zufriedenstellendem Ergebnis mit Gabapentin oder Clonazepam, in schweren Fällen kann eine Tiefe Hirnstimulation im Ncl. ventralis intermedius (VIM) des Thalamus wirksam sein.

Dystoner Tremor

Beim dystonen Tremor handelt es sich um einen irregulären Tremor um 3-7 Hz, der durch die Anspannung der gegensätzlichen (antagonistischen) Muskulatur bei Vorliegen einer Dystonie zustande kommt. Beispiele hierfür sind der dystone Kopftremor, der dystone Schreibtremor oder der dystone Stimmtremor. Hiervon abzugrenzen ist ein Dystonie-assoziierter Tremor, der in dystonie-ferner Muskulatur von Dystonie-Erkrankten vorkommt.

Die Ursache der Dystonie ist in der Regel nicht bekannt, auch wenn genetische und sekundäre Formen der Dystonie vorkommen.

Die Therapie des dystonen Tremors folgt denen der Dystonie: Sie wird vorwiegend mit Botulinumtoxin A, Anticholinergika oder Tiaprid vorgenommen. Bei Therapieresistenz ist unter Umständen eine Tiefe Hirnstimulation im Globus pallidus internus (GPi) oder Ncl. ventralis intermedius (VIM) des Thalamus zu erwägen.

Zerebellärer Tremor

Der zerebelläre Bewegungs- und Intentionstremor ist durch eine große Amplitude und langsame Frequenz (2-5 Hz) charakterisiert, der im Alltag zu einer deutlichen Behinderung führt. Er kann sich als Rumpf- oder Extremitätentremor manifestieren. Häufig ist er mit einer zerebellären Ataxie assoziiert. Der zerebelläre Tremor ist ein symptomatischer Tremor, er entsteht sekundär bei Schädigung des Kleinhirns.

Ursachen des zerebellären Tremors können Raumforderungen (Tumoren), Blutungen oder ischämische Schlaganfälle, entzündliche Läsionen z.B. im Rahmen einer Multiplen Sklerose oder neurodegenerative Kleinhirnerkrankungen sein.

Medikamentöse Therapien sind meist vergeblich, können aber off-label mit Topiramat, Clonazepam oder Propranolol durchgeführt werden. Bei entsprechendem Leidensdruck und fehlenden Alternativen bietet sich auch eine Tiefe Hirnstimulation im Ncl. ventralis intermedius (VIM) des Thalamus an, wobei die Therapieerfolge denen beim Essentiellen Tremor nachstehen.

Holmes Tremor

Unter Holmes Tremor versteht man einen symptomatischen Ruhe-, Halte- und Intentionstremor mit hoher Amplitude und geringer Frequenz nach Schädigung im Übergang vom Hirnstamm zum Mittelhirn. Der Tremor tritt meist mit einer Latenz von mehreren Monaten zum schädigenden Ereignis auf. Durch seine Frequenz zwischen 2-5 Hz und seiner grobschlägigen Amplitude führt er zusätzlich zu der häufig begleitenden Hemidystonie zu einer deutlichen Behinderung.

Ursache des Holmes Tremor können Raumforderungen (Tumoren), Blutungen oder ischämische Schlaganfälle oder entzündliche Läsionen z.B. im Rahmen einer Multiplen Sklerose sein.

Wie beim zerebellären Tremor sind medikamentöse Therapien beim Holmes Tremor meist nicht erfolgreich, können aber off-label mit L-Dopa und Dopamin-Agonisten, Anticholinergika, Clonazepam oder Clozapin durchgeführt werden. Bei fehlenden Alternativen kann eine Tiefe Hirnstimulation im Ncl. ventralis intermedius (VIM) des Thalamus erfolgen.

Gaumensegeltremor (palataler Tremor)

Der Gaumensegeltremor lässt sich in einen primären (d.h. die Ursache ist nicht bekannt) und einen sekundären (d.h. symptomatischen) Tremor einteilen. Während ersterer spontan auftritt und meist durch ein Klickgeräusch im Ohr den Patienten stört, sonst aber wenig Krankheitswert besitzt, führt der sekundäre Gaumensegeltremor meist nicht zu diesem Klickgeräusch, kann aber über Beteiligung umgebender Muskelgruppen (Mundboden, Kehlkopf etc.) zu Schluckstörungen und Sprechstörungen führen. Er tritt bei Schädigung des so genannten Guillain-Mollaret Dreieckes auf.

Ursachen des Gaumesegeltremors sind meist Blutungen oder ischämische Schlaganfälle, Raumforderungen (Tumoren), entzündliche Läsionen z.B. im Rahmen einer Multiplen Sklerose oder neurodegenerative Erkrankungen.

Eine Behandlung des Gaumensegeltremors ist häufig nicht notwendig, kann aber bei Beeinträchtigung mit Botulinumtoxin A oder mit antiepileptischen Medikamenten erfolgen.

Tremor bei Neuropathie (neuropathischer Tremor)

Beim Tremor bei Neuropathie handelt es sich um einen zentral generierten Tremor, der in Kombination mit einer meist demyelinisierenden Neuropathie in Erscheinung tritt. Der Schweregrad der Neuropathie muss dabei nicht mit dem Schweregrad des Tremors korrelieren. Die Frequenz liegt zwischen 4-8 Hz, die Amplitude ist grobschlägig und zusätzlich zur Grunderkrankung behindernd. Die auch als neuropathischer Tremor bezeichnete Erkrankung tritt häufiger bei Patienten mit einer hereditären motorischen und sensiblen Neuropathie (HMSN) vom demyeliniserenden Typ (CMT 1) oder bei entzündlichen Neuropathien (z.B. CIDP, Neuropathie bei MGUS) auf.

Therapeutisch bessert sich der Tremor häufig bei Behandlung der entzündlichen Neuropathie. Additiv können Propranolol, Primidon oder Pregabalin eingesetzt werden. Fallberichte zeigen, dass eine Tiefe Hirnstimulation im Ncl. ventralis intermedius (VIM) des Thalamus erfolgreich sein kann.

Tremor-Forschung

Die Tremor-Forschung an der Neurologischen Universitätsklinik Freiburg befasst sich mit den Netzwerken im Gehirn, die den Tremor verursachen. Eine Möglichkeit, Information über diese Tremor-generierenden Netzwerke zu erhalten, sind Ableitungen bei Patienten mit einer Tiefen Hirnstimulation

Quelle: https://www.uniklinik-freiburg.de/neurologie/behandlung/bewegungsstoerungen/tremor.html