Wer z. B. aufgrund chronischer Erkrankung nicht mehr oder nur noch sehr wenig arbeiten kann, kann unter bestimmten Umständen eine sogenannte Erwerbsminderungsrente (EM-Rente) erhalten. In Deutschland gibt es etwa 1,8 Millionen Erwerbsminderungsrentnerinnen und -rentner. Sie machen mittlerweile 20 Prozent aller Neurentner aus.

Voraussetzungen für die Erwerbsminderungsrente

Die Hürden zum Erhalt einer Erwerbsminderungsrente sind in Deutschland sehr hoch. Laut Statistik werden über 40 Prozent der Anträge abgelehnt. Um eine EM-Rente zu erhalten, müssen zum einen versicherungsrechtliche, zum anderen medizinische Voraussetzungen erfüllt sein. Die rechtlichen Grundlagen zur Erwerbsminderungsrente finden sich unter anderem im Sechsten Sozialgesetzbuch, SGB 6, § 43.

Versicherungsrechtliche Voraussetzungen: Bedingung für den Erhalt einer Erwerbsminderungsrente ist zunächst, dass man die Regelaltersgrenze (das Alter, ab dem man die Altersrente erhalten würde) noch nicht erreicht hat. Außerdem muss man mindestens fünf Jahre lang in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert gewesen sein, bevor die Erwerbsminderung eingetreten ist. In den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung müssen drei Jahre mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sein.

Medizinische Voraussetzungen: Geprüft wird zunächst, ob die Arbeitsfähigkeit des Antragstellers durch medizinische oder berufliche Reha-Maßnahmen doch wieder ganz oder teilweise hergestellt werden kann. Diesen Grundsatz nennt man „Reha vor Rente“. Die Überprüfung erfolgt durch den Rentenversicherungsträger. Ist es nicht möglich, durch eine Rehabilitations-Maßnahme die Arbeitsfähigkeit wiederherzustellen, wird geprüft, in welchem zeitlichen Umfang der Antragsteller noch arbeiten kann. Davon ausgehend wird dann festgestellt, ob eine Rente wegen voller oder wegen teilweiser Erwerbsminderung in Frage kommt.

Befristung: Erwerbsminderungsrenten werden in der Regel nur für einen bestimmten Zeitraum bewilligt. Nur wenn es unwahrscheinlich ist, dass die Arbeitsfähigkeit wieder hergestellt werden kann, und wenn jemand unter drei Stunden täglich arbeitsfähig ist, kann die Rente unbefristet bewilligt werden. Der Anspruch auf die EM-Rente besteht nur, solange die Erwerbsminderung besteht. Das bedeutet, dass die Erwerbsminderungsrente wieder entzogen werden kann, sobald sich der Gesundheitszustand bessert.

Wichtig bei befristeten Erwerbsminderungsrenten: Rechtzeitig den Antrag auf Weiterzahlung beim Rentenversicherungsträger stellen (etwa sechs Monate vor Ablauf der Befristung).

Was bedeutet volle und teilweise Erwerbsminderung?

Wer aus gesundheitlichen Gründen, also wegen einer Krankheit oder Behinderung, weniger als drei Stunden täglich arbeiten kann – und zwar nicht nur in seinem Beruf, sondern in allen Berufen -, kann Anspruch auf die volle Erwerbsminderungsrente haben.

Wer weniger als sechs Stunden am Tag, aber mehr als drei Stunden am Tag arbeiten kann, der hat Anspruch auf eine teilweise Erwerbsminderungsrente. Wer sechs Stunden und mehr täglich arbeiten kann, erhält keine Rente.

Quelle: https://www.vdk.de/deutschland/pages/themen/rente/73773/erwerbsminderungsrente_voraussetzungen_und_tipps


Bundessozialgericht erleichtert Zugang zu voller Erwerbsminderungsrente

Kranke und Behinderte können künftig einfacher eine volle Erwerbsminderungsrente bekommen. Zu einem Anspruch können auch mehrere „gewöhnliche“ Leistungseinschränkungen führen, urteilte das Bundessozialgericht in Kassel.

Hintergrund des Urteils ist die ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), wonach ein Anspruch auf volle Erwerbsminderungsrente auch dann bestehen kann, wenn zwar noch ein Restleistungsvermögen besteht, der Arbeitsmarkt aber faktisch „verschlossen“ ist, weil es passende Tätigkeiten kaum gibt. In solchen Fällen kann die Rentenversicherung aber eine noch übliche Verweistätigkeit benennen, die die betreffende Person noch ausüben könnte.

Voraussetzung hierfür war bislang eine „schwere spezifische Leistungsbehinderung“ oder mindestens zwei in der Summe gleichwertige „ungewöhnliche Einschränkungen“, etwa an den Händen oder eine erhebliche Sehstörung.

Geklagt hatte ein heute 55-jähriger Mann aus Berlin, der nach einem Herzinfarkt zahlreiche Krankheiten und Einschränkungen hat. So kann er kaum stehen, sich nur schwer konzentrieren und kann, unter anderem wegen Atembeschwerden, keine körperlich anstrengenden Arbeiten ausüben.

In der Vorinstanz hatte das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg in Potsdam die Auffassung vertreten, dass es generell kaum noch Stellen für „Einfacharbeit“ gebe. Ohne genaue Prüfung sprach es dem Kläger daher die Erwerbsminderungsrente zu.

Quelle: https://www.vdk.de/deutschland/pages/themen/urteile_im_sozialrecht/78295/bsg_erleichtert_zugang_zu_voller_erwerbsminderungsrente