Das Absterben dopaminerger Nervenzellen führt zu den Kernsymptomen der Parkinson-Erkrankung. Ein Forschungsteam hat nun untersucht, welche Rolle der Transkriptionsfaktor BCL11A spielt.
Im Mittelhirn des Menschen gibt es besonders viele dopaminerge Neurone – also Nervenzellen, die Dopaminproduzieren. „Dieser Neurotransmitter beeinflusst andere Neurone, indem er ihre Aktivität verstärkt oder dämpft”, sagt Prof. Sandra Blaess, Uniklinik Bonn. Auch bei der Parkinson-Krankheit spielen dopaminerge Nervenzellen eine große Rolle, da diese das Absterben der Dopaminzellen in der Substantia nigra fördert.
Der daraus resultierende Mangel des Botenstoffs kann widerum Bewegungsstörungen verursachen. Die Ausbildung weiträumiger Verknüpfungen in viele Gehirnbereiche hat ein Forschungsteam nun auf eine Idee gebracht: Sie untersuchten, ob es innerhalb dieser dopaminergen Neurone spezialisierte Gruppen gibt, die nur bestimmte Gehirnbereiche beeinflussen.
Markierung mit fluoreszierenden Molekülen
Vom Transkriptionsfaktor BCL11A ist bekannt, dass er zum Beispiel in der Großhirnrinde und auch im Immunsystem wichtig für die Festlegung von Zelleigenschaften ist. Die Forscher wählten daher BCL11A zum Untersuchungsgegenstand. Sie wollten wissen, welche Rolle der Faktor für die unterschiedlichen Eigenschaften von dopaminergen Neuronen spielt. Dazu untersuchten sie sowohl in menschlichen als auch in tierischen Zellen, wo der Dopamin-Nervenzellen der Transkriptionsfaktor BCL11A aktiv ist – einerseits während der Entwicklung, andererseits im reifen Gehirn. Weiterhin markierten sie an Mäusen mit fluoreszierenden Molekülen die BCL11A-produzierenden Nervenzellen, um sie unter dem Mikroskop sichtbar zu machen.
Dopaminerge Neurone im Mittelhirn einer Maus (rot): Grün erscheinen die Nervenzellen, die den Transkriptionsfaktor BCL11A produzieren. Quelle: Marianna Tolve
Kein zufälliges Ziel
„Dadurch konnten wir erkennen, in welche benachbarten Gehirnregionen die Fortsätze dieser dopaminergen Neuronen hineinwuchsen”, erläutert Blaess. Mit welchen Arealen im Gehirn die dopaminergen Nervenzellen unter BCL11A-Einfluss Kontakt aufnahmen, war nicht beliebig. Zielregion war zum Beispiel nicht das ganze Striatum, sondern nur ein kleiner Teil dieses Gehirnbereichs.
Substantia nigra besonders empfindlich
An Mäusen, bei denen ähnlich wie bei der Parkinson-Erkrankung ein Teil der dopaminergen Neuronen abstirbt, untersuchten die Forscher neurodegenerative Vorgänge in der Substantia nigra. „Es ist bekannt, dass in der Substantia nigra bei Parkinson-Patienten dopaminerge Neurone in größerem Ausmaß absterben als Neurone in anderen Gehirnregionen”, sagt Prof. Donato Di Monte. „Dieses Areal gilt deshalb als besonders empfindlich gegenüber der Neurodegeneration.”
Schutzfunktion für Nervenzellen
Das Team verglich in den „Parkinson-Mäusen“ Dopamin-Nervenzellen mit und ohne BCL11A. In der Substantia nigra markierte dieser Transkriptionsfaktor dopaminerge Neurone, die besonders anfällig für Neurodegeneration waren. Schalteten die Forscher in diesen Zellen die Produktion von BCL11A aus, gingen noch mehr der Dopamin-Zellen zugrunde.
„Das deutet darauf hin, dass BCL11A eine schützende Funktion für die Neurone haben könnte”, fasst Blaess zusammen. Welcher molekulare Mechanismus dahintersteckt, muss in weiteren Studien genauer untersucht werden. Ob die Erkenntnisse von der Maus auf den Menschen übertragbar sind, soll ebenfalls auf den Grund gegangen werden.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Hier findet ihr die Originalpublikation.
Bildquelle: Inset Agency, unsplash.
Quelle: https://www.doccheck.com/de/detail/articles/35332-bcl11a-schutzfunktion-fuer-nervenzellen