Richtig trainieren bei Morbus Parkinson

In der Praxis sehen es Therapeuten immer wieder: Patienten mit Morbus Parkinson zeigen ein Defizit in ihren motorischen Grundeigenschaften. Fitnesstraining bzw. Medizinisches Training kann dieses Defizit zielgerichtet ausgleichen, reduzieren oder den Abbau verlangsamen. Die frühzeitige Therapie dieser motorischen Probleme kann die Lebensqualität positiv beeinflussen und somit für den Patienten sehr wichtig werden. Vor allem in Alltagssettings (Bereiche der Aktivitäten und Partizipation) profitieren die Betroffenen von einer gezielten Diagnostik und dem individuell angepassten Training. Mittlerweile stehen eine Vielzahl an motivierenden Angeboten zur Verfügung, wie zum Beispiel Tanzen, Boxen, Tai Chi. Diese können dem Patienten über Jahre hinweg Freude bereiten und einen therapeutischen Effekt zeigen.

Fitness ist heutzutage ein sehr ungenau definierter und verwendeter Begriff. Grundsätzlich wird unter Fitness körperliches und geistiges Wohlbefinden verstanden. Der Mensch soll im Alltag möglichst leistungsfähig sein und allen Belastungen adäquat standhalten. Um dieses Ziel zu erreichen, wird ein Training der motorischen Grundeigenschaften Beweglichkeit, Ausdauer, Koordination, Kraft und Schnelligkeit durchgeführt. Je nach Zielsetzung des Einzelnen werden diese Schwerpunkte unterschiedlich gesetzt. Mit Patienten durchgeführt, ist Verbesserung der motorischen Grundeigenschaften – mit dem Ziel der gesteigerten Leistungsfähigkeit im Alltag – die Definition der Medizinischen Trainingstherapie.

Sind die motorischen Grundeigenschaften (Beweglichkeit, Ausdauer, Koordination, Kraft und Schnelligkeit) gut trainiert, ist der Mensch im Alltag leistungs- und belastungsfähig.

Parkinson-Erkrankte reduzieren im Alter ihre körperlichen Aktivitäten mehr als Gleichaltrige. Das könnte durch die Erkrankung selbst oder als Anpassung an die schlechtere Bewegungsmöglichkeit verursacht sein.

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Physiotherapeutin Agnes Winkler, MSc, über die Wichtigkeit von Bewegung

Noch in den 80er Jahren war eine zu große Anstrengung sehr verpönt bzw. kontraindiziert. Patienten sollten möglichst wenig ihres zu gering vorhandenen Dopamins verbrauchen. In den letzten Jahrzehnten hat sich die wissenschaftliche Meinung hinsichtlich des Trainings mit Patienten mit Parkinson grundlegend gewandelt. Dieses Dogma konnte durch empirische und wissenschaftliche Erkenntnisse mittlerweile widerlegt werden. Durch verschiedene Studien an Tieren und Menschen konnte man nachweisen, dass körperliche Aktivität positive Effekte an verschiedenen Stellen des ZNS (Zentrales Nervensystem) und PNS (Peripheres Nervensystem) haben. Bei Mäusen, die eine Parkinson-ähnliche Degeneration hatten, zeigten Al-Jarrah und seine Kollegen 2010, dass ein regelmäßiges Ausdauertraining (5x die Woche, 40 Minuten) zu einer Angionese im Striatum führte. Tajiri wies in einem Tierversuch durch intensive Übungen eine vermehrte Ausschüttung von nervenstimulierenden Stoffen wie BDNF (Brain Derived Neurotrophic Factor) und GDNF (Glial Derived Neurotrophic Factor) nach, welche beide bei Patienten mit Parkinson reduziert sind. Dies könnte eine Ursache für die Wirksamkeit von intensivem Training bei verschiedenen neurodegenerativen Erkrankungen sein. In einer anderen Studie stellten Forscher durch ein kombiniertes 18-wöchiges Training Verbesserungen von Dopamin produzierenden Zellen und Mitochondrien fest, was bei normal aktiven Mäusen nicht der Fall war.

Den ganzen Artikel von Frank Diemer und Volker Sutor „Richtig trainieren bei Morbus Parkinson“ aus der Zeitschrift neuroreha 2012; 4: 170–177 finden Sie hier als PDF: https://www.gesundheitsrondell.de/files/inhalte/Flyer/Richtig-trainieren-bei-Parkinson.pdf